Startseite Menü einblenden Übersicht: Rundbriefe 31.08.74 11.12.74 Drucken
Schild der actio spes unica

Liebe Schwestern und Brüder in der spes unica!

 

am Sonntag, dem 3. November 1974, ist wieder spes-unica-Sonntag. Wie immer beginnt das Ganze mit einem feierlichen Hochamt mit Predigt um 15.00 Uhr. Anschließend von 16.00 bis 18.00 Uhr im großen Saal des katholischen Pfarrheims St. Barbara, Schulstraße 6, gemütliches Beisammensein mit Vortrag und Aussprache. Dann von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr stille Sühneanbetung vor dem ausgesetzten Allerheiligsten wieder in der Kirche. –

Neulich meinte jemand, mit dem ich sprach: "Den Progressisten scheint langsam die Luft auszugehen". Das ist ein großer Irrtum. Zwar sind die auffälligen Paraden, die vor wenigen Jahren die Gemüter bewegt haben, seltener geworden. Zwar hören wir immer einmal wieder aus dem Munde des Heiligen Vaters und dieses oder jenes Bischofs höchst begrüßenswerte Worte, die den katholischen Standpunkt gegenüber einigen neomodernistischen Haeresien abgrenzen.

Aber die Landschaft ist von der Thematik geprägt, die von progressistischer Seite als vordringlich und wesensnotwendig primär angesehen wird. Rundum nichts von der Vergöttlichung des Menschen durch die Mysterien des Christus; nichts von den vorgegebenen Wirklichkeiten und Wahrheiten der Erlösung; nichts von Inhalten, die das Bewußtsein des erleuchteten Christen entfalten sollen zur Bewältigung seiner ungeheuren Gegenwartsaufgaben; nichts von den marianischen Impulsen, die unser Jahrhundert einfordern. Wenn man die Tagesordnung der Synoden oder Bischofskonferenzen betrachtet: Die Schicksalsfrage wird ausgeklammert, die Integration der Kirche in gesellschaftliche Initiativen steht im Vordergrund und dann kommen sekundäre pastorale Themen, die unter dem fatalen "Als-ob" stehen – "als ob" die Fundamente in Ordnung wären. Allein diese geistige Steppe genügt vorerst den Progressisten. Sie sind sich der kommenden Geschlechter sicher und können außerdem ja schon ungestört auf Kanzeln und Lehrstühlen ihr haeretisches Unwesen treiben. Der neomodernistische Alltag ist eingekehrt. Die Leute der illusionären "Mitte" sind beschwichtigt. Die Progressisten kichern sich eins ins Fäustchen. Das ist die Lage.

Es wird, meine lieben Schwestern und Brüder, zunächst noch viel dunkler werden, ehe es hell wird. Dieses "Hellwerden" wird mit einem Schlage kommen. Denn es handelt sich ja nicht um einzelne Grenzüberschreitungen, die nach und nach zurückgepfiffen worden könnten. Es ist der von außen in den Innenraum der Kirche hineinlancierten Bewegung des Progressismus bzw. Neomodernismus gelungen, das gesamte Öffentlichkeitsgebaren der Kirche in ihrem Sinne zu lenken – zwar weithin noch nicht für jeden unmittelbar erkennbar, aber doch so, daß die Bühne bereitet ist für das Einsickern rein irdischer Heilserwartung, die unter anderem sehr stark von der asiatischen Gnosis (Yoga, Zen-Mystik, Anthroposophie) ihre Antwort erhalten wird. Es ist bezeichnend, daß die jakobinisch-freimaurerische "Aufklärung" schon bei Lessing – siehe seine Wiederverkörperungslehre in der "Erziehung des Menschengeschlechtes" – in die Nähe der asiatischen Gnosis gerät. Ein jahrhundertelanger Komplott gegen die katholische Kirche beginnt seit dem II. Vatikanischen Konzil endlich den langersehnten Erfolg im Großformat zu erlangen. Schauen Sie sich die Priester, die Helfershelfer der Zerstörung, an mit ihren "Meditations"-Mätzchen, ihrer Teilnahme an Zen-Kursen usw.: Die Trojanischen Esel sind schon lange in Fülle zur Stelle. Darum wird mit einem Schlage – total und universal – das Steuer herumgeworfen werden müssen. Auf diesen unseren großen Tag warten wir, spes unica!

Herzlichst grüßt Sie alle

 

Ihr Hans Milch