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Meine lieben Brüder und Schwestern,
versammelt zum heiligen Opfer. Christus, der menschgewordene Gottsohn: Der Mensch ist der Inbegriff der Schöpfung. Die Welt ist der Mensch, der Mensch ist die Welt. Der Mensch umfaßt alles Erschaffene. Er ist das Wesen, um dessentwillen alle Dinge geschaffen sind. Der Mensch aber ist geschaffen auf Gott hin, und unruhig ist sein Herz bis es ruhet in Gott, d.h. bis er alle Grenzen überschritten hat und im Unendlichen, im Außer-sich-Sein, in der Ekstase seine volle Ruhe findet. Denn diese sind eins: Sabbat – Ruhe – Ekstase. Ruhe ist höchstes, grenzenlos flammendes Leben. Das ist die Ruhe. Christus ist da, um den Menschen in Seinen Sabbat hineinzuholen. Und der Sabbat ist Sein heiliges Opfer, da Er, alle Grenzen überschreitend, Sich dem Vater hingibt, da Er den Weg antritt zum Vater in den drei Stationen: Tod, Auferstehung, Himmelfahrt. Und dieser Hingang zum Vater, der ewige Hingang des Sohnes zum Vater, Seine Hingabe, Sein Im-Vater-Sein nun übersetzt ins Menschenhafte, da Er Mensch wird und ganz Mensch wird im Sinne der Situation, in die sich der Mensch durch seine Verweigerung gegenüber Gottes Angebot begeben hat. Christus geht ein in das Elend, in die Gottesferne des Menschen. Er ißt und trinkt des Menschen Not und ungerechtes Schicksal, seine Verlorenheit und Verlassenheit, seine Krankheit. "Er ist für uns zur Sünde geworden", wie der hl. Paulus sagt. Und da Er Mensch wird, nimmt Er an des Menschen Los. Er erfährt, Er verkostet, was es bedeutet, was es ausmacht zu sündigen. Was Sünde ist, das erfährt und erleidet Er. Wir sündigen, wir fühlen aber nicht und wissen nicht, was wir tun. Er begeht keine Sünde, aber Er erfährt und erleidet, was Sünde bedeutet. Ganz steigt Er hernieder in alle Abgründe und Möglichkeiten menschlicher Verkommenheit und Armseligkeit. Und da Er Mensch wird, nimmt Er eben auch alles an, was diese Welt kennzeichnet, was die Materie kennzeichnet, und Er geht soweit, die Eigenschaften von Brot und Wein Sich zu eigen zu machen, anzunehmen. Er wird der Träger der Eigenschaften von Brot und Wein, so daß es nun nicht mehr Brot ist; aber alle Eigenschaften des Brotes bleiben, nur der Träger dieser Eigenschaften ist Christus. Alle Eigenschaften des Weines bleiben, aber der Träger dieser Eigenschaften ist dann Christus. Und hiermit beginnt das Opfer, das Mysterium Seines Hinganges in Raum und Zeit, im Zeichen. Es ist ein erhabenes Zeichen. Er nimmt die Eigenschaften von Brot und Wein an, dessen, was gegessen und getrunken wird. Er kommt ja, um zu essen und zu trinken. Er ißt und trinkt das, was der Mensch an sich hat und was er sich erworben hat, wie gesagt, durch seine Verweigerung.
Er trinkt den Kelch des Nichts. Er erfährt das Nichts. Heilige haben es gelegentlich erfahren. Der hl. Pfarrer von Ars, Johannes Maria Vianney, hatte einmal den Herrn gebeten, er möge doch sein eigenes Nichts verkosten, erfahren dürfen. Er wurde ihm gewährt. Nach zwei Tagen schrie der Heilige, er könne es nicht ertragen, es möge doch wieder von ihm genommen werden. Und es wurde von ihm genommen, denn das ist das schlechthin Unerträgliche. Ins schlechthin Unerträgliche geht der Herr ein. Er erfährt das Nichts, aus dem die Welt ist, was sie aus sich selber ist. Aus sich selber ist sie nichts. Und die Welt, durch die Entscheidung des Menschen, ist auf ihr eigenes Nichts zurückgeworfen worden, ins bloße Geschaffensein, in ihre bloß geschöpfliche Existenz, also ins Nichts gefallen. Und das ißt und trinkt der Herr. Namenlose, unsägliche, unerträgliche Qual nimmt Er auf Sich in Seiner Seele. "Herr, wenn es möglich ist, laß es an Mir vorbeigehen", diesen Kelch. Und Er ißt und trinkt all dies, die ganze Schlammflut höllischen Grauens in Sich hinein, um es in Sich hineinzuverwandeln; und, verwandelt in Sieg und Verklärung, gibt Er es Dir und mir. Der Herr im Abendmahlssaal, da Er das erste heilige Opfer der Messe zelebriert, ißt und trinkt nicht. Die Jünger essen und trinken Seinen Sieg, Seine Überwindung und Seine Herrlichkeit. Er ißt und trinkt Not und Tod. Wenn der Priester am Altar kommuniziert, kommuniziert er nicht als Priester. Wenn ich am Altare den Leib des Herrn empfange und das Blut trinke, tue ich es nicht als Priester, sondern als der sündige Mensch, der ich aus mir bin. Als Priester kommuniziere ich nicht, denn Christus reicht den Seinen Sich, das Seine, das Licht, den Sieg. Er aber nimmt alles in Sich hinein und hat darum längst Dein Leiden, Dein Kreuz, Deine verborgenen Einsamkeiten, Ratlosigkeiten und Nöte verkostet. Er ist der tiefst Vertraute Deiner Armseligkeit und Deines Leidens. Er weiß alles. Er weiß auch um den Befund Deiner und meiner Sünde. Er weiß alles.
Das steht ganz groß da, dieses Wort, ein mütterliches Wort, ein Schoß-Wort, ein Berge-Wort: "Wenn unser Herz uns anklagt, Er ist größer als unser Herz, und Er weiß alles." Laßt uns da aus jedem Winkel, aus jeder Sekunde unserer Verlorenheiten einsteigen in dies heilende, reinigende, erhebende, umwölbende, tröstende, liebkosende "Er weiß alles". Der Herr geht ein in die Erde. Er ist ja der Weizen, der emporwächst aus dem Schoß der Erde, Maria. Dostojewski sagt das einmal so herrlich: "Maria ist die fruchtbare Erde, aus der der Weizen hervorgeht, der Christus ist." Und dieser Weizen wird gemahlen und getreten und geschunden, daß aus ihm hervorgeht das reine Brot des Sieges, der Überwindung, der verklärte Leib mit den leuchtenden Wunden. Der ganze Leib ist ja eine Wunde, ein zitterndes, bebendes Wrack. Keine heile Stelle ist an ihm. Und dieses bebende und zitternde Wrack wird verklärt. Die Wunde wird verklärt. Alles Leid wird verwandelt. Darum ist es so unsagbar töricht, hier auf Erden für sich Gerechtigkeit zu erwarten, gerechtes Los, Ausgleich von Lohn und Strafe. Welch ein törichter, gottesferner, vorchristlicher Gedanke! Es gibt auf dieser Erde keine Gerechtigkeit. Sie ist nicht verheißen. Verheißen ist Dir nur, daß Du Anteil nehmen darfst am Leiden des Herrn! Gering genug ist der Anteil an Seiner Schmach, an Seiner Verzweiflung und der Anteil an Seinem vorgängigen Kampf. Der freilich darf nicht vergessen werden. Denn weil Er kämpft, muß Er leiden. Dem Schweigen Seines Leidens geht der große Kampf voraus, das Bekenntnis, der Einsatz, das starke Wort, der Angriff, die Anklage, die Beschuldigung, die Herausforderung. Und da war dem Herrn keine Schärfe zu scharf, kein Angriff zu milde. Er hat die Feinde beim Namen genannt und die falschen "Frommen" entlarvt. Er ist hervorgetreten vor das ganze Volk. Und deshalb leidet Er. Das gibt Seinem Leiden die innere Legitimität. Weil Er kämpfte mit hartem Wort, hat das Schweigen Seines Leidens, Sein Bekenntnis höchste Legitimität.
Das heilige Opfer der Messe: unaussprechliches Mysterium der Weltüberwindung in der Welt, der Überwindung von Raum und Zeit in Raum und Zeit – entrückte Stätte, entrückte Zeit. Es ist vorgegeben, dieses Opfer. Du kommst und wirst gewahr das Angebot dieses Opfers und sagst Dein "JA"-Wort dazu. Und die Form muß dem Heiligen, Unaussprechlichen entsprechen. Es muß eine weihevolle Form sein, Gesamtkunstwerk, weihevoll ausgebreitete Gebärde, Gebärde des Segens und der Ehrfurcht, Gebärde der Anbetung. Es muß ein Ausstrom sein himmlischer Atmosphäre. Es ist eine bewegte Ikone. Goldglanz des Himmlischen muß das heilige Ereignis umfließen. Alles Profane sei fremd. Nichts Banales darf sich einschleichen. Jedwede Form, die der Souveränität des Hingangs zum Vater gemäß ist, ist angenommen, sei es jetzt die Form der göttlichen Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus, sei es die Form der tridentinischen Messe, der mosarabischen, der mailändischen, der Lyoner Messe. Es ist immer erhabene Form, wenn sie gemäß der Vorschrift und im Geiste der Einweihung erfolgt. Aber sehen Sie: Für sich allein ist das heilige Mysterium der Messe gebunden an das vorgängige Bekenntnis. Es ist ein Irrtum zu meinen, gottgewollte Form und gültiger Vollzug des Opfers für sich selber genüge. Die gottgewollte Form und der gültige Vollzug müssen in Zusammenhang stehen mit dem großen, bekennenden "JA"-Wort, mit der Verkündigung, mit dem Gesamt jener Intention, jener heiligen Entschlossenheit, welche sich auf die ganze und ungeteilte Wahrheit bezieht. Wenn diese erhabene Form, die tridentinische Form des heiligen Opfers hinabgezwungen wird ins Nebeneinander, dazu noch in ein diffamiertes, diffamierendes Nebeneinander und Miteinander mit einer gottwidrigen Form, dann sei auch dies uns ferne. Ich weiß großartige Vollzüge der göttlichen Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus. Ich denke an die russische Kapelle in Wiesbaden zum Beispiel. Gültiger Vollzug, gottgewollte Form – und doch darf keiner daran teilnehmen! Er darf dabei sein, aber nicht teilnehmen, weil dies, was da geschieht, nicht im vorgegebenen Zusammenhang der Verkündigung und des Bekenntnisses steht, sondern im Zeichen des Schismas. Diese heilige Form darf nur im Zusammenhang dessen stehen, was die Unierten bekennen, die sich dem hohenpriesterlichen Rom und der ganzen ungeteilten Wahrheit anschließen. Wo gnädigst unter falschem Aspekt genehmigt wird, halten wir uns ferne. Wir haben unsere eigene gottgegebene Souveränität, die Souveränität des großen, legitimen, einzigen Zusammenhanges. Dieses heilige Opfer wird von denen, die die ganze Wahrheit anerkennen, vollzogen; es darf niemals vollzogen werden im Zeichen einer herablassenden Genehmigung, sondern immer im Zeichen der uns kraft des ungeteilten Bekenntnisses gegebenen Legitimation der katholischen Bevollmächtigung! Dies muß auch gesagt werden in dieser heiligen Stunde, in dieser großen Stunde, da wir tun nach Seinem Gedächtnis und das heilige Opfer begehen, das katholische Opfer des katholischen Bekenntnisses, da Christus die Erde und alles, was sie ausmacht, hinaufhebt – alle Sonnen, alle Planeten, alle Herrlichkeiten, das Kleinste und das Größte, Atom und Molekül und Stein und Wasser und Strauch und Frucht und Tier und Pflanze und alle Heerscharen der Engel – als Mensch im Menschen, in Dir, in mir, und Du in Ihm und ich in Ihm, da Er dies alles hinaufhebt und hineinzieht in den Schoß des Vaters. "Alles ist gut. Sei getrost, Ich bin's. Fürchte dich nicht." AMEN.