Niederschrift der Predigt von Pfarrer Milch
Sonntag Sexagesima 1985
Meine lieben Brüder und Schwestern,
unsere heutige Betrachtung stützt sich eigentlich auf die Lesung. Das Evangelium, Sie haben es wieder gehört, jene von mir oft zitierte Stelle: "Den anderen wird es in Gleichnissen vorgetragen, damit sie sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen." Das sind diejenigen, die eben nicht fragen. Die fragen, denen ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu erfahren. Die Staunenden, Fragenden, Offenen, Bereiten, Empfangenden, die bräutlichen Seelen: "Sag uns, was bedeutet dieses Gleichnis. Sag, wo Du wohnst. Zeige uns, lehre uns beten." Und die Grammatik zeigt, daß es auf zweierlei Weise zu verstehen ist, eben die gegenseitige, die ineinander Einwohnung. Der Mensch empfängt das Wort des Herrn. Und wenn er darauf bedacht ist, um des Wortes willen das Wort zu vernehmen, dann wird er davon gepackt sein, erschüttert. Es ist um ihn geschehen, und es wird ihn deshalb auch nicht mehr loslassen. Er wird in Geduld, d.h. mit einer unbesiegbaren Hoffnung wird er das Wort in sich wahren, hegen, bewegen, erwägen, bedenken, fragen – nicht hinterfragen, nicht in Frage stellen, sondern erfragen, bereit, kindhaft, vertrauensvoll sich anschauen [zu] lassen vom Wort und das Wort an[zu]schauen.
Und dann ist der Mensch selber Wort im Worte und Fels, hinein in das fleischgewordene Wort, den menschgewordenen Gottsohn, die offene Wunde, die durch Geißelung gepflügte offene Wunde. In die fällt er hinein, ganz tief, und bleibt nicht an der Oberfläche. Er ist nicht irgendeiner, sondern der erwählte, geliebte Sohn, an dem Gott Sein Wohlgefallen hat, und die geliebte, auserwählte Tochter, die einzige, einmalige, unvergleichliche, unverwechselbare. Das ist der Sinn des Christentums, dich herauszureißen zum Besonderen, weshalb du auch zur Heiligkeit berufen bist, du und ich, jeder einzelne. Jeder ist berufen, eine Heilige, ein Heiliger zu werden – jeder ausnahmslos und ganz. Und das besteht nur in einem, das Heiligsein. Nicht in einem Vielerlei von allen möglichen Verrichtungen und Taten, auch nicht in der Abwesenheit der Sünde, sondern das Heiligsein besteht eben darin, daß man das eine, was not tut, mit Inbrunst und Unbedingtheit aufsaugt.
Die Lesung zeugt davon, was mit dem geschieht, der es ganz und gar in sich hineinnimmt, der sein ganzes Dasein verschwört dem Worte. Übrigens, man könnte sagte sagen: "Warum liest du das so lang lateinisch vor? Lies es doch deutsch vor. Der Wortgottesdienst ist doch zum Vorlesen, damit man es versteht." So ist ja im besetzten Raum eingeführt worden, daß im Wechsel der Lesejahre auf die Dauer dann die ganze Heilige Schrift zu Wort kommt, vorgelesen wird, damit die Gemeinde, wie man sagt, "mit der hl. Schrift inniger vertraut würde." – Selbstverständlich barer Unsinn. Vom Vorlesen hat niemand oder kaum jemand etwas, ganz selten. Das muß dann schon in besonderer Weise vorgelesen werden. Aber die Heilige Schrift vorzulesen bringt gar nichts, sondern das, was am Anfang geschieht, im Wortgottesdienst, ist eine Verehrung des Gotteswortes – darum die sakrale Sprache – und soll ein Anreiz sein für den je einzelnen, den Liebesbrief zu lesen, den Gott geschrieben hat. Für dich ganz, Gottes Wort, Gottes Ansprache, Einsprache an dich.
Und darum geht es darum, daß du die Heilige Schrift liest. Dann kommen Fragen auf. Und mach deinen Geist lebendig. Und diese kindhafte Frage, diese kindhafte Lebendigkeit, das Wissen-Wollen, das begierige Lesen: "Ich will erfahren, was Er mir will, mit mir mir will." Darum greife ich sonntags zur Heiligen Schrift, um sie zu lesen – sicher so wichtig und wichtiger als das Beten des Rosenkranzes. Das Beten des Rosenkranzes setzt das Lesen der Heiligen Schrift voraus, damit das Rosenkranzgebet fruchtbringend wirkt. Das ist kein Ersatz für das Lesen der Heiligen Schrift, das Rosenkranzgebet. Das Lesen der Heiligen Schrift ist geradezu das Urgebet, es sei denn, um nochmal auf das Vorlesen zu sprechen zu kommen, es kann einer nicht lesen und schreiben und muß es deshalb hören. Aber dann ergibt sich aus diesem Nicht-lesen- und Nicht-schreiben-Können übrigens ein besonderer Vorzug, eine besondere Chance des Geistes, das Analphabetentum. Es ist außerordentlich primitiv, so zu tun, als wäre das Analphabetentum etwas, was unbedingt bekämpft werden müßte zur allgemeinen Aufklärung des Menschengeschlechtes. Da kann man nur lachen. Die haben früher die ganze Thora vorgelesen bekommen, einmal im Jahr, und konnten sie dann auswendig. Die haben natürlich anders gehört, als wir hören können. Eine ganz andere psychologische Situation. Das läßt sich gar nicht vergleichen. Die haben stundenlang gehört und das in sich aufgesogen. Das war natürlich noch ein Leben, das lebendige Leben einfacher Menschen, d.h. geistiger Menschen. Das ist dahin. Das waren einmal die stärkeren Zeiten. Heute leben wir in flacheren, plätschernden, dahinplätschernden schwachen Zeiten. –
Nun zurück zu dem, der das Wort Gottes in sich aufnimmt und ganz mit dem Worte Gottes eins wird. Da kann es noch einen Einwand geben, der da sagt: "Ja, du als Priester, du hast ja Zeit. Das ist ja dein Beruf. Aber guck uns an: Wir müssen sehen, wo wir bleiben. Wir haben unseren Lebenskampf. Wir müssen hart arbeiten. Wir kommen nicht so sehr zum Lesen. Wir sind keine" – das fehlt dann noch, daß das gesagt wird – "wir sind keine Akademiker." Als wäre die Heilige Schrift für Akademiker geschrieben. Dahinter steckt der deutsche Wahn, das Akademikertum bürge für außergewöhnliche Intelligenz. Ich wiederhole das immer wieder: Sagen Sie diesem Wahn gründlich ab. – Nein, die Heilige Schrift zu lesen, dazu hat jeder Zeit. Und derjenige, der intensiv das Wort in sich hineinnimmt und sich mit Christus identifiziert, um in Ihm zu leben, der hat es leichter im Lebenskampf und wird, was die Stunde fordert, schneller, leichter, überlegener, ungehemmter, freier anpacken und vollziehen. Ihm wachsen Kräfte zu. Seine Jugend erneuert sich. Und das, was an Lebenskampf, an Schwierigkeiten, Notwendigkeiten, Hemmungen, Bedrohungen, Lasten ihm begegnet, das kann er leichter überschauen, mit größerer Hoffnung. Darum wird derjenige, der es mit Christus ganz ernst meint und sich auf das eine, was not tut, konzentriert, viel leichter das Vielerlei, das ihm der Alltag auferlegt, bewältigen. Es ist also eine törichte Ausrede zu sagen: "Ja, wir haben keine Zeit dafür." Die Liebe macht erfinderisch. Wer will, der findet. Wer sucht, der findet. Wer anklopft, dem wird aufgetan. Es geht wirklich um diese intensive Willenshaltung. Es ist übrigens ein jahrhundertelanger Skandal, das gehört zu den Ärgernissen, die Christus vorausgesehen hat, da Er sagte: "Ärgernisse müssen kommen", daß der katholische Christ mit der Heiligen Schrift nicht vertraut war, daß man nicht empfohlen hat, die Heilige Schrift zu lesen. –
Mach dich damit vertraut. Die Briefe der Apostel sind geschrieben für dich. Lies sie im Zusammenhang, damit du ein Wissender wirst. Und wenn du so ein Wissender, ein Verschworener bist, der kraft seiner Freiheit sich ins Unwiderrufliche begeben hat, wie ich am vorigen Sonntag sagte, "kraft seiner Freiheit sich in die Gefangenschaft des Herrn, in himmlische Gefangenschaft begeben hat", ein Entrückter, Herausgerufener, Entzogener, zur Gefangenschaft in Christus Befreiter, der hinter sich die Brücken verbrannt hat, ein Abgezeichneter, Unverwechselbarer, der wird dann das Schicksal erleiden, von dem der hl. Paulus in der heute, am heutigen Sonntag geltenden Passage des zweiten Korintherbriefes schreibt: Er wird von der Welt gehaßt. Er weiß, daß er auf bedrohlichem Boden steht. Denn auf gottfeindlicher Erde landet Gott, da Er Mensch wird. Und alle, die sich Christus und Seinem Angebot verschwören, werden teilhaben an Seinem Schicksal, von der Welt gehaßt zu werden.
Lesen Sie den Sonntagsbrief. Die Welt will nicht den hier gegenwärtigen, unendlichen, absoluten Anspruch. Sie wollen nicht die fleischlich wahrnehmbare, schaubare Gegenwart und die absolute Verbindlichkeit, die göttliche, himmlische Zuständigkeit, Autorität auf Erden. Das wollen sie nicht. Sie wollen den fernen Gott und sich hier einrichten in behaglichen Grenzen. Und da kommt Christus und ruft heraus aus dieser Einebnung, aus dieser Armseligkeit, aus dieser plattgewalzten, gleichmacherischen Sinnlosigkeit. Da ruft Er heraus, damit du kein X oder Y mehr bist, sondern ein einmaliger Gerufener, "dieser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe". Und dann bist du den Pfeilen und Schleudern ausgeliefert. Dann kommt eine Hetzjagd gegen dich. Du bist unbequem, eine nicht willkommene Person, weithin ein Ausgestoßener, mit Christus außerhalb der Mauern, am Kreuze hängend – geistig wenigstens –, als ein Außenseiter, als ein Nicht-Mitmacher verhöhnt, verlacht, verfolgt. Das ist die gültige, das ist die legitime Position des Christen. Paulus schildert sie intensiv, wenn er seine äußeren und inneren Leiden aufzählt. Auch von innen her, vom Satan versucht und gequält, "Dreimal bat ich den Herrn, mir das wegzunehmen. – 'Nein, Meine Gnade genügt dir.'" Ein großes Genügen. Das Unendliche, das Grenzenlose ist dein. Nimm es hin. Wahre es. Halte durch. Atme immer wieder tief. Laß dich nicht unterkriegen. Sei in dieser Welt mit deiner Hoffnung gegen alle Hoffnung ein großes Trotzdem. Das ist das Gesetz der Giganten stärkerer Zeiten. Und sie mögen wiederkommen, die Giganten, die Menschen des Trotzdem, die einer ganzen Welt trotzen, die nie aufgeben. –
Da haben wir das Fest des hl. Cyrill von Alexandrien gestern gehabt. Ich erinnere mich. In meinem Studium, ein Professer, Jesuitenpater, dozierte über das Gottmenschentum, über Christus, die Christologie und kam eben auf den Irrtum des Nestorius. Das war auch schon einer von denen, in denen der Sauerteig des Progressismus brodelte. Und ich vergesse nie die zynische Bemerkung, die er gemacht hat, diese süffisante Bemerkung, die bewirkte, daß ich mit besonderer Liebe an dem hl. Cyrill von Alexandrien hänge. ...<<<Seitenwechsel>>>... Mit öliger Stimme sagte er: "Mir gefällt zwar ganz und gar nicht die Art und Weise, wie Cyrill gegen Nestorius vorgegangen ist, aber", so sagte er dann in einer widerlichen, ironischen Weise, "aber er war ein Heiliger." – "Ha,ha,ha", kam dann aus den Reihen der Studenten. Das Ungeziefer des Progressistischen war ja schon zugange vor dem Konzil. Nun, was war es denn, was diesen Cyrill aufgebracht hat? – Eben dies, daß man das Bewußtsein des großen, einmaligen Glückes den Menschen nehmen wollte. Und das brachte alles in ihm in Aufruhr und Gegenwehr, so daß er mit Klauen und Zähnen und Hörnern sich verteidigte und dagegen einschlug mit Recht, mit Notwendigkeit. Aus seiner Liebe heraus kämpfte er. Nicht wie der törichte Mann in unserem Rahmen des Widerstandes sagte, auch ein geweihtes Haupt, vor einigen Monaten: "Wir kämpfen nicht, wir lieben nur." – Du liebe Güte! Was ist denn das für eine Liebe – ohne Kampf? Das kann keine Liebe sein. Die Liebe krallt sich an das, was den Sinn des Lebens ausmacht.
Dieser Nestorius behauptete, Jesus sei eine menschliche Person gewesen, nur in ganz besonderer Innigkeit vertraut mit dem Worte des Vaters, mit dem eingeborenen Gottsohn, so innig mit Ihm vertraut und beide so ineinander wohnend, daß man nachgerade beide miteinander hätte verwechseln können. Aber streng genommen war Jesus doch eine menschliche Person. – Wenn das wahr wäre, und er hat es mit Nachdruck betont, dann wären wir die Ärmsten der Menschen, bis heute nicht erlöst, jeder Handschlag sinnlos, jeder Nadelstich, den wir erleiden, sinnlos – alles sinnlos, das ganze Dasein umsonst, verloren, verweht, ein Nichts. Wir wären die Ärmsten der Menschen. Wenn Nestorius recht hat, dann laßt uns, wie der hl. Paulus sagt, "essen und trinken, denn morgen sind wir tot". Und uns interessiert mit Hinblick auf unser Schicksal und Dasein nicht ein Mensch, der mit dem Gottsohn in innigster Verbindung stand. Es muß Gott sein, Gott selber. Wenn Er es nicht ist, der am Kreuz verblutet, dann Gute Nacht, dann ist alles aus. Es muß Gott sein. Dieser Mensch, Jesus, ist Gott. Und dafür kämpfte Cyrill mit allen Mitteln. Ein großer Dienst der Liebe, höchster Dienst der Liebe [ist] dieser unbedingte Kampf bis aufs Messer. Er hatte sich verschworen. Und dann merkte er, und mit dem Gespür, mit der seismographischen Witterung des von Christus und Seiner Weisheit Gepackten spürte er die Gefahr und war auf dem Plan und kämpfte und rief und brüllte wie ein Stier, um das Bild zu gebrauchen, das auf den hl. Lukas verwandt wird. –
Solche Gesinnung muß in uns hinein, solche Unbedingtheit, Unwiderruflichkeit, selbstgewählte Schicksalhaftigkeit – Er, Christus –, damit die Welt dich und mich haßt, "frohlockt", sagt der Herr, "jubelt. Groß ist euer Lohn" – endlos heißt das, unendlich das, was daraus hervorgeht für eure Ewigkeit an Wonne und Macht. Das ist der Gesichtspunkt der uns hierher bindet, beileibe nicht meine Person oder Anhänglichkeit, Treue zu meiner Person – nein, zu Christus. Und Christus ist unsere katholische Wirklichkeit, ein und dasselbe. Christus steht nicht zu einer interkonfessionellen Disposition, sondern Christus ist gebunden an die Unteilbarkeit, an die Ganzheit als solche. Und das ist die katholische Fülle, und das ist Christus – alles ein und dasselbe. Das zwingt uns hierher. Das ist der zwingende, bannende Gedanke, der uns einfordert und hier versammelt, dich sammelt, hineinsammelt in deine innerste Wirklichkeit und so die Möglichkeit schafft für eine eventuelle Gemeinschaft, die sich in den Sphären des Geistes bilden könnte. [Das sind] Christus und die katholische Wirklichkeit. Und das Katholische ist in sich unteilbar. Und diese Unteilbarkeit bedeutet für uns zugleich die Hoffnung gegen alle Hoffnung, die Hoffnung, die nur in sich selbst gründet, die von außen keine Argumente hat, keine Wahrscheinlichkeiten, keine Gesetzmäßigkeiten, keine Schritte, keine Anzeichen, keine Lichtblicke, keine Silberstreifen am Horizont. Diese Hoffnung steht wie ein monolithischer Block in sich, aus sich da aus eigenem Recht und gründet in sich selber. Das ist die Hoffnung. Das ist gemeint mit der "spes unica", das allein, die einzige Hoffnung. Und in deren Namen sind wir hier, wenn anders wir in gültiger Weise hier sind. Und ich will Ihnen sagen: Es ist eine Krise da. Es haben sich einige auf den Weg gemacht, welche es ausnutzen, daß unser Bekennerbischof, Erzbischof Lefebvre, sein Hirtenamt einem anderen übergeben hat, daß er es nicht mehr ausübt, sondern nur sein Priester- und Lehramt als Bischof. Das nutzen einige aus, um gegen seinen Sinn und gegen seine Erkenntnis falsche Hoffnungen, falsche Optimismen zu säen und so zu tun, als sei etwas zugange, als habe die Wende gleichsam schon begonnen und seien erste Schritte schon erkennbar zum Besseren. —
Meine lieben Brüder und Schwestern, lassen Sie sich nicht täuschen, nicht lähmen, nichts vormachen. Gar nichts tut sich. Und das Dekret, welches die tridentinische Messe zuläßt, ist eine weitere Niederlage für die katholische Sache. Denn nun wird auch noch die tridentinische Messe zum Instrument des Verderbens miteinbezogen. Das ist das Grauenhafte, gar kein Grund zu irgendeiner Freude, gar keiner. Es tut sich nichts. Es kann sich auch nichts tun. Mit Hinblick auf das, was zu geschehen hat, tut sich überhaupt nichts. Entweder geschieht es oder es geschieht nicht, weil diese Wende in sich identisch ist mit dem Katholischen. Und die Ganzheit – es gibt keinen Teil der Ganzheit. Das ist ein innerer Widerspruch wie ein "viereckiger Kreis". Darum gibt es auch keinen "ersten Schritt" oder "kleine Schritte" oder "Fuß in der Tür" und wie der Unsinn heißt. Lassen Sie sich gar nichts vormachen. Wir warten. Und alles, was kein vollständiger Sieg ist, ist Niederlage. Das ist die Lehre des Erzbischofs. Das ist die Wahrheit. Das ist das Wesen der Priesterbruderschaft und das Wesen der actio spes unica. Einige weichen von ihrem eigenen Wesen, dem sie sich einmal verschworen haben, leider ab, indem sie in plätschernder Gemütlichkeit und in einem läppischen Frohsinn sich tummeln. Stehen sie von diesem läppischen Frohsinn ab! —
Und die andere Krise: Wir sind in einer finanziellen Krise, meine lieben Brüder und Schwestern. Ich habe es vielleicht nicht oft genug betont und nicht stark genug gebettelt. Das liegt mir nicht so. Außerdem erfuhr ich erst kürzlich, daß es sehr schlecht steht. Wir hatten eine Viertelmillion Schulden noch hier wegen dieses Gebäudes, dieses sakralen Raumes einschließlich des Souterrains. Und unser Vermögen beträgt: minus Siebentausend. Es ist nicht ganz so katastrophal, wie es sich anhört, aber immerhin kritisch genug. Es ist eine echte Krise. Ich bitte Sie: Nehmen Sie es in Ihr Gebet, machen sie sich Gedanken darüber, und jeder möge das Seine seiner Möglichkeit nach tun, damit Abhilfe geschaffen wird. Das ist meine dringende Bitte, nicht um meinetwillen, um ihretwillen, um jedes einzelnen willen, um dessentwillen, was unser Glück ist und unser Einsatz und unsere Hoffnung. Deswegen müssen wir aus dieser Krise heraus. Nehmen Sie es nicht zum Anlaß, da groß jetzt anschließend darüber zu reden, zu palavern, damit es nicht überschwappt auf die andere Seite, die sich dann genüßlich in Häme die Hände reibt, sondern besprechen Sie es nur mit denen, von denen Sie wissen, daß sie ganz und gar drinnen sind, nicht halb und halb, sondern ganz. Das Halb und Halbe, das Dreiviertel und das Neunundneunzigprozentige ist gleich Null, ist überhaupt nichts. Alles oder nichts. Das Ganze oder gar nichts. Mit denen können Sie das möglicherweise in Ruhe besprechen. Aber es soll jetzt nicht etwa so ein großes Brodeln anheben deswegen – deswegen sage ich es nicht –, sondern daß es jeder einzelne in den Ernst seiner persönlichen tiefen Verantwortung, seiner schicksalshaften Verantwortung hineinnimmt. Das wird daraus hervorgehen. Und nehmen Sie auch den spes-unica-Sonntag, der von besonderer Wichtigkeit ist, sich zu Herzen im Sinne der gleichen Verpflichtung, die sich aus unserem frei gewählten, unentrinnbaren Glück ergibt. AMEN.
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