Mit der Suspendierung Pfarrer Milchs am 18. Oktober 1979 endet die langjährige Zeit, in der die Hattersheimer Pfarrkirche St. Martinus eine Oase des katholischen Glaubenslebens und der Feier des alten Meßopfers gewesen ist. Als am nachfolgenden Sonntag der vom Bistum eingesetzte Ersatzpfarrer mit der Zelebration des Novus Ordo beginnen möchte, bleibt die Orgel stumm, die Meßdiener legen ihre Gewänder ab und ein Großteil der Anwesenden verläßt stumm das Kirchengebäude.
Da das Verhältnis von Pfarrer Milch zu seinem vorgesetzten Bischof Kempf noch immer von gegenseitiger persönlicher Hochachtung gekennzeichnet ist, wird ihm erlaubt, vorübergehend in einem Teil des Pfarrhauses wohnen zu bleiben, bis er für sich und seine Mutter eine neue Wohnung gefunden hat. Hier zelebriert er in den nächsten Wochen die Heilige Messe – und obwohl er an Sonntagen bis zu vier Messen feiert, ist nicht nur der Zelebrationsraum überfüllt, auch im angrenzenden Flur und Treppenhaus drängen sich die Menschen.
Während Pfarrer Milch recht bald in der Wiesbadener Oranienstraße eine neue Wohnung findet, gestaltet sich die Suche nach angemessenen Räumlichkeiten für ein Meßzentrum zunächst schwierig.
Als Notunterkunft stellt eine Hattersheimer Firma einen ehemaligen Ausstellungsraum des Geschäfts in der Straße "Rosengarten" zur Verfügung – bereits diese Unterkunft erhält den Namen "Athanasiuskapelle". Doch obwohl es gelingt, sie in aller Eile würdig herzurichten, bietet sie kaum für 100 Menschen ausreichend Platz und eignet sich allein deshalb nicht als dauerhafte Lösung.
Pfarrer Milch plant zunächst, vornehmlich in Wiesbaden oder Mainz ein geeignetes Gebäude für ein größeres Meßzentrum zu suchen, weil er es "für nicht ganz fair hält, gerade in Hattersheim unsere Sache so auffällig in Szene zu setzen" (Rundbrief vom 20. August 1982). Alle diese Bemühungen verlaufen jedoch letztlich im Sande, auch wenn Pfarrer Milch schon in seinem Rundbrief vom 5. Februar 1980 irrtümlich den erfolgreichen Erwerb eines Hauses in Wiesbaden vermeldet.
Eine Wende tritt ein, als die Haushälterin Pfarrer Milchs und ihre Schwestern der actio spes unica einen Großteil des Grundstücks hinter ihrem Haus in Hattersheim in Erbpacht anbieten. Der Magistrat genehmigt die Errichtung einer Kapelle im Garten der Schulstraße 7 zunächst nur mit einem Flachdach, läßt später aber auch ein Spitzdach zu, das zum würdigen äußeren Erscheinungsbild der Kapelle erheblich beiträgt.
Bereits im Rundbrief vom 27. August 1980 berichtet Pfarrer Milch von seinem Sinneswandel: "Mittlerweile ist es klar, daß das künftige Meßzentrum im Raume Hattersheim sein wird. Zuerst hatten mich Erwägungen menschlicher Vornehmheit von dem Gedanken abgehalten. Jetzt weiß ich – nach reiflicher Güterabwägung – daß es Gottes Wille ist und daß ich es den treu gebliebenen Hattersheimern schulde, dort meine Tätigkeit fortzusetzen – in größerem Rahmen selbstverständlich. – Hattersheim liegt für alle Interessierten aus Stadt und Land verkehrsmäßig günstiger und hat mehr Chancen als Wiesbaden oder Mainz." —
So kommt es, daß in Hattersheim bis zum heutigen Tag ohne nennenswerte Unterbrechung das Heilige Meßopfer im tridentinischen Ritus gefeiert wird.