Rundbrief vom 21. Oktober 1976
Liebe Freunde in der Bewegung für Papst und Kirche!
Uns alle eint der eine katholische Glaube, an dessen Inhalten wir festhalten wollen und werden.
Wir haben das Manifest der Bewegung unterschrieben, um den Bischöfen und der ganzen Kirche unsere Überzeugung und unseren Willen kundzutun, die heilige Kirche nie anders zu verstehen, als sie je verstanden worden ist, und nie abzulassen vom Glauben an die ganze Fülle der geoffenbarten Wahrheiten, wie sie niedergelegt sind in den unfehlbaren Lehrsätzen der Päpste und der Konzilien. In diesen Zeiten der Wirrnis wollen wir eine Gemeinschaft sein der Festigkeit und der unbeirrbaren Klarheit im Geiste und in der Wahrheit.
Nichtsdestoweniger geht durch unsere Reihen eine gewisse Trennungslinie, die uns unterscheidet in der Beurteilung der Lage und folglich in der Beurteilung dessen, was zu tun ist. Sie trennt uns nicht als in der katholischen Wahrheits- und Wirklichkeitsfülle Geeinte. Keiner sollte dem anderen seine entgegengesetzte Auffassung vom Gewicht des Elends vorwerfen, das die Kirche heimgesucht hat und heimsucht. Aber wir sollten von den unterschiedlichen Auffassungen wissen, um uns selber klar entscheiden zu können. Jeder tue das, was ihm sein Gewissen in der Beurteilung der Lage gebietet, ertrage aber in Liebe den, der die Dinge anders zu sehen vermeint als er.
Lassen Sie mich im folgenden die beiden verschiedenen Auffassungen übersichtlich nebeneinander darstellen; in Auffassung A und Auffassung B.
A | B |
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Lage: Vor allem seit dem II. Vatikanischen Konzil wurden in der Kirche liturgische Mißstände Glaubensentstellungen, Glaubensleugnungen und sittliche Verfehlungen, begangen von solchen, die das Konzil falsch verstehen und willkürlich einen 'Konzilsgeist' beschwören, den es gar nicht gibt. Höchstwahrscheinlich werden die von maßlosem Fortschrittswillen betriebenen Grenzüberschreitungen durch freimaurerische und marxistische Kräfte mindestens begünstigt. Im Gegenzug zu den progressistischen Extremen ist das andere Extrem konservativistischer Positionen entstanden. Beide Pole – der neuerungssüchtige der Progressisten und der reaktionär-beharrende der Traditionalisten – stehen im Gegensatz zu den Erneuerungsimpulsen des Konzils. Die Progressisten wollen das Neue nur, weil es neu ist. Die Traditionalisten wollen das Alte nur, weil es alt ist. Beide, die Linksextremen und die Rechtsextremen, stehen im Zeichen des Ungehorsams gegen Papst und Kirche. Wir müssen uns in der katholischen Mitte zwischen beiden Extremen beheimaten als Bewegung für Papst und Kirche. |
Lage: Das II. Vatikanische Konzil versteht sich selbst als ein pastorales und nicht als ein dogmatisches Konzil, kann und darf also keinen Unfehlbarkeitsanspruch erheben. Mit und in dem Konzil haben sich nach lang gehegtem strategischem Plan freimaurerische Kräfte zu Wort gemeldet, die das Ziel haben, die Kirche von innen her zu zerstören. Zwar sind sehr viele Konzilstexte schöne und erhabene Darstellungen der katholischen Lehre, müssen aber als eine riesige Leibwache angesehen werden zum Schutz verwirrender, unklarer, im antikatholischen Sinne deutbarer Aussagen, die eingelagert sind. Im Ganzen ist das II. Vatikanische Konzil kein katholischer Fortschrittsimpuls, steht also nicht auf der Linie der Entfaltungsverheißung: 'Der Heilige Geist wird Euch in alle Wahrheit einführen!', sondern signalisiert den Abbau und das dem wesenhaft Christlichen entgegengesetzte Verständnis vom Sinn des Lebens. Wir haben es daher heute keineswegs mit dem Gegensatz Bewahrung/Fortschritt (Konservativität/Progressivität) zu tun, auch nicht mit extremen Grenzüberschreitungen in diesem oder jenem Sinne, sondern mit einer gezielten Bewegung zur Zerstörung der Kirche von innen her, einer Bewegung, die den Öffentlichkeitsraum der Kirche beherrscht und die Kirche nach außen vertritt. Diese Bewegung ist im Konzil noch nicht ausgebrochen, sondern latent (im Verborgenen) aufgebrochen. Ausgebrochen, wenngleich in geschickten Dosierungen, getarnt mit christlichen Begriffen, ist sie nach dem Konzil – einmal in auffälligen Exzessen, um die Gemüter angesichts der zu erwartenden Zurückweisung von bischöflicher Seite zu beruhigen und einzuschläfern, vor allem aber in der kontinuierlichen Kathederarbeit seitens freimaurerisch und antichristlich denkender Professoren. Erfolg: Die überwiegende Mehrheit der seit 1965 geweihten Priester glaubt schon nicht mehr an einen Großteil der Dogmen bzw. lehnt die absolute Verbindlichkeit und unmittelbare Erkennbarkeit eines unmittelbaren, für alle Zeiten gültigen Wortsinns der Dogmen überhaupt ab. Die Urheber, die Professoren, die in unverfrorener Kaltblütigkeit darauf bestehen, als katholisch bezeichnet zu werden, finden den Schutz der Hierarchie, von der einige Vertreter ihr Lehramt ausüben, während keiner von ihnen seines Hirtenamtes waltet. |
Unsere Aufgabe: Wir übernehmen die Pflicht, den Bischöfen in dieser Übergangszeit zwischen dem Alten und dem Neuen zu helfen in der Bekämpfung der Extremismen rechter und linker Spielart. Getreu dem Konzil, vereint im Glauben, halten wir uns an die Vorschriften, überzeugt, daß der nicht fehlgehen kann, der sich im Gehorsam an Papst und an die Bischöfe hält. |
Unsere Aufgabe: Unser Gehorsam gegenüber Papst und Bischöfen steht unter dem Vorbehalt der vorgegebenen Inhalte und endet dort, wo wir feststellen müssen, daß sie ihr an diese Inhalte gebundenes Hirtenamt aus Grundsatz und beständig auszuüben versäumen. Als katholische Christen haben wir die Pflicht, den Hirten ihre Pflicht einzuschärfen, die Identität der Kirche wieder zum Leuchten zu bringen. Wir haben die Pflicht, die universalen Mißstände anzuprangern, die Strategie Satans zu entlarven und im Gebet die totale Wende herbeizuhoffen – mit einer Hoffnung gegen alle Hoffnung! |
Liebe Schwestern und Brüder,
Es ist für uns von großem Belang, zu erfahren, wie viele von Ihnen welche Auffassung von der kirchlichen Lage teilen. Ich bitte Sie ganz herzlich und dringend, mir mitzuteilen, ob Sie sich die Ansicht A oder die Ansicht B zu eigen machen. Wer weder der einen noch der anderen Auffassung völlig zuzustimmen vermag, möge es mir auch zur Kenntnis geben. Postkarte genügt. Ich bitte auf der Postkarte zwei Punkte anzuführen:
1.) Ihre genaue Anschrift. Sie können strengster Diskretion sicher sein. Was A und B bedeutet, weiß niemand außer mir und der Schreibkraft. Ihre Antworten gehen direkt an mich,
2.) der kurze Hinweis A oder B, oder 'Keine von beiden' bzw. 'Keine von beiden ausschließlich'.
Mit sehr herzlichen Segenswünschen und vielem Dank im voraus Ihr in Christus ergebener
Hans Milch
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