Rundbrief vom 21. Dezember 1984
Meine lieben Brüder und Schwestern in der actio spes unica!
In der Adventzeit unserer katholischen Erwartung schreibe ich Ihnen den Brief, in der Erwartung auf unseren katholischen Tag, den Tag der Wende, herbeigesehnt von den Engeln und Heiligen, inbrünstig erfleht, herbeigelitten von den Einsamen und Kranken und auch von den Seelen im Fegfeuer.
Wahrscheinlich wird Sie dies Schreiben erreichen, wenn die Weihnachtszeit angebrochen ist, mitten in den heiligen zwölf Nächten: Es ist die eine Nacht, die im vollkommenen Widerspruch steht zur Finsternis – die Nacht, in welcher das wahre Licht leuchtet, nicht das fade Tageslicht, dem beispielsweise die Progressisten verschworen sind, sondern das geheimnisvoll erstrahlende, das nur dem Geistesauge des guten Willens sich kundtut. Ich wünsche einem jeden von Ihnen die Fülle des Trostes, den der kindgewordene Gott spendet, und sage den Kranken und Leidtragenden gottmenschliche Macht zu: All Ihre Schmerzen sind Quellen lebendiger Wasser, die fortströmen ins ewige Leben und in die Herzen so vieler, deren Namen wir nicht kennen, um sie zu stärken, aufzurichten, einzuweihen und in den Schoß der Liebe zu bergen, der Gott ist.
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. und die actio spes unica sind nun unwiderruflich Eigentum der allerseligsten Jungfrau, ihres mütterlich leidenden und unbefleckten Herzens! Jede und jeder Einzelne von Ihnen ist IHR Eigentum. Herrlich, höchst verheißungsvoll, absolute Sicherheit gewährend: in IHR sind Sie und ich jedem Zugriff des bösen Feindes, des Drachen, welcher Satan ist, entzogen. Er, der Urfeind alles Seienden, mag uns quälen in seiner ohnmächtigen Wut; aber was er uns auch zufügt, richtet sich gegen ihn selbst. Das Erleiden der Schläge, welche vom Teufel kommen, ist seit Christus, dem Leidendsten aller Leidenden, göttliche Ausübung heilender, verwandelnder, reinigender Macht. Satan ist verdammt, gegen sich selbst zu wirken. Gegen unser wahres Sein aber, unser ewiges, tief gesichertes Glück, unser göttliches Leben und gegen unsere Hoffnung, die als festestes Wissen aus sich selbst die Erfüllung gebiert, weil sie mit Gott eins ist, und gegen unseren höchsten Reichtum, vermag der Böse nichts.
Erst recht seit der Weihe an die allerseligste Jungfrau in Ecône und Mainz gilt für einen jeden von uns das Wort aus der Geheimen Offenbarung (12, 5-6): "Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der lenken wird alle Völker mit eisernem Stab. Es wurde jedoch ihr Kind entrückt zu Gott und zu Seinem Thron. Das Weib aber floh in die Wüste, wo sie einen Platz erhielt, der von Gott bereitet war: dort soll sie Berge und Speisung empfangen zwölfhundertsechzig Tage lang."
"Eiserner Stab" bedeutet die heilige Unbedingtheit des gottmenschlichen Erbarmens. Was auch gewesen sei in Dir, in mir an Sünden – es wird mit einem Male gelöscht, wenn Dein Wille sein Erbarmen begehrt um des Erbarmen willen und das Wort Seiner reinigenden Liebe im Fleische aus Menschenmund vernehmen will, "bekennend, daß Gott im Fleische erschien". Wenn aber Dein Wille sich dem Erbarmen verschließt und dem Wahne frönt, aus eigener Gerechtigkeit vor Ihm bestehen zu können, dann hast Du die Wahl getroffen, außerhalb Seiner zu bleiben im Nichts. Das ist der eiserne Stab Seines Erbarmens, das mit keinem Pharisäer diskutiert, keine dritte Wahl erlaubt, keinen Kompromiß und keine Diskussion.
"Das Weib floh in die Wüste." Wüste heißt Gott-Offenheit, das Stehen unter dem freien Himmel Seines erbarmenden Angebotes barhäuptig, von nichts geschützt als vom übermächtigen Einstrom Seiner Liebe. Wüste heißt die beseligende Armut im Geiste. –
1260 ist die heilige Zahl ewiger Fülle: drei mal 420. 420 aber besteht aus 300, der 100fach = unendlichfach vermehrten Zahl der Gottheit = 3, und 120, der 10fach = unendlichfach vermehrten Zahl des Gottmenschentums = 12. 12 aber ist drei mal vier. 3 ist die Zahl Gottes, und 4 ist die Zahl der in Gott hineinverlangenden Schöpfung. Und 420 wird wiederum mit 3, also mit der Zahl des Dreifaltigen Gottes, malgenommen = 1260.
So ist Dein und mein Leben schon geheimnisvoll entrückt, gesichert: "Unser Leben ist in Christus verborgen im Schoße des Vaters." —
Was immer war und stets bleiben wird, wie noch nie zuvor ist es bestätigt und gefestigt durch die gemeinsame Übereignung und Weihe an die allerseligste Jungfrau:
Unsere actio spes unica ist dem Hochwürdigsten Herrn Erzbischof Marcel Lefebvre und der von ihm gegründeten und geformten Priesterbruderschaft St. Pius X. unabdingbar verschworen!
Es wäre ein Unrecht, das im deutschsprachigen Raum herausragende Ereignis dieses Jahres zu übergehen. Hier muß ein Lob geschrieben stehen für den Hochwürdigen Herrn Peter Albert Lehnen – ein Lob, das stellvertretend gesagt sei für den selbstverzehrenden Eifer aller Patres der Priesterbruderschaft. H.H. Pater Lehnen hat in München unter schwierigsten Umständen, gegen tausend Widerstände bis zur Erschöpfung und trotz Erschöpfung die Volksmission vorbereitet und gestaltet und sich als Nachahmer erwiesen des überdimensionalen Einsatzes, den unser großer Erzbischof in seinem Patriarchenalter leistet. —
Wenn wir nicht alle ein Ziel in flammender Hoffnung und inbrünstig trauernder Sehnsucht anstreben, dann fehlt unseren Einsätzen die Legitimität des Heiligen Geistes und Seine Dynamik ganz und gar.
Das EINE Ziel, das uns in heilige, freudebrennende, absolut hoffende Unruhe versetzt, ist das eine Datum der Wende!
Die Wende wird bestehen in der Setzung des Katholischen durch den obersten Hirten: Dem Sinne nach wird ein Papst als unfehlbare Kathedralentscheidung die katholische Unteilbarkeit verkünden so:
"Es gibt keine Teile der Wahrheit; das Wesen der Wahrheit ist katholisch, also unteilbare Ganzheit, allumfassende Fülle. Jedes Zusammengehen mit solchen, die einen 'Teil der Wahrheit' für sich beanspruchen, ist Verrat an der katholischen Wahrheit und Wirklichkeit. Diese gottmenschliche Wahrheits- und Wirklichkeitsfülle ist vorgegeben, absolut unabhängig und souverän, frei und dem freien Willen des Menschen als Angebot geoffenbart, um ihn, den je Einzelnen, aus der Verflechtung in innerweltliche Zielsetzungen herauszurufen und zu erlösen. Jede Verwirklichung des Angebotes des Sich opfernden Gottmenschen, die sich an ein 'Gemeinde' genanntes Kollektiv schmiegt und die vorgegebene Unabhängigkeit und Entrücktheit der Erlösungstat nicht zum Ausdruck bringt, ist ein Greuel vor dem Herrn der Heerscharen. Die katholische Kirche ist die bleibende, je gleichzeitige Gegenwart des fleischgewordenen, geopferten und erhöhten Gott-Sohnes. – Ihr ist keine Weltverbesserung aufgetragen. Es gibt keinen kollektiven Fortschritt der Menschheit – weder als Tatsache noch als Forderung nach als Möglichkeit. Die katholische Kirche gehört einer Dimension an, die mit innerweltlichen 'humanen' Fortschrittsbestrebungen nichts zu tun hat. Es gibt nur eine Ökumene: die eine, heilige, katholische und apostolische römische Kirche."
Gemäß der Unteilbarkeit des Katholischen gibt es auch keine 'Bestandteile' der Wende oder 'Stufen' der Wende. Wohl aber – selbstverständlich – gibt es eine Vorbereitung der Wende, einen Weg zu ihr hin. Und dieser Weg ist gezeichnet durch die Hoffnung wider alle Hoffnung in den Herzen derer, die nicht kapituliert haben – durch die Gebete der Einzelnen, durch die Leiden der Kranken und Einsamen – durch das Wachsen des Gotteswerkes, das da ist die Priesterbruderschaft St. Pius X., durch die vermehrten Priesterberufe, die in ihrem Rahmen zu verzeichnen sind, durch die zunehmende Zahl der Meßzentren, Schulen, Klöster, Universitätsinstitute (unser Erzbischof konnte jüngst in Südamerika Abertausenden das heilige Sakrament der Firmung spenden!) – ein Flammenweg, der die Atmosphäre bereitet, in welcher das eine Ereignis der Wende mit höherer Wahrscheinlichkeit zu gedeihen vermag.
Flammenweg: ein Weg der Unbedingtheit, ein katholischer Weg, also ein Weg ohne Mischung, ohne Kumpanei mit solchen, die sich der Ganzheit verweigern – sei es durch Geringschätzung der Katastrophe, die mit dem NOM, der Neuen Ordnung der Messe, gegeben ist, sei es durch Geringschätzung des Elementes der klaren und eindeutig-allumfassenden Verkündigung nicht bloß der Moral, sondern in erster Linie der Wahrheit!
Ich sage: Die WENDE ist gegeben mit dem, entschieden-entscheidenden, unfehlbaren Wort eines Papstes.
Niemals habe ich im Traum daran gedacht, dies Wort des obersten Hirten löse wie durch Zauber eine universale Bewußtseinswende im Raum der Kirche aus. Die allgemeine Bewußtseinswende, die ihre Voraussetzung hat in der geschehenen Wende (die Wende und die allgemein nachwirkende Bewußtseinswende sind also zwei ganz verschiedene Gesichtspunkte!), muß freilich nach und nach erwirkt und in Stufen erreicht werden – höchstwahrscheinlich im Zeichen heftiger Rebellionen und einer starken quantitativen Schrumpfung. Die Durchsetzung der geschehenen Wende muß sich in Stufen vollziehen.
Aber die Wende ist dann geschehen, weil die allgemeine, weltweite Repräsentanz, das Fundament der Kirche, Petrus, wieder identisch ist mit der katholischen Unteilbarkeit: Und zwar in allgemein erkennbarer Identität! Und davon kann bis zur Stunde selbstverständlich keine Rede sein: Der Papst zelebriert den von Gott und Seinen Engeln verhaßten Neuen Ordo der Messe, stimmt allen Texten der Versammlung zu, welche zu Weh und Schmach der Kirche unter freimaurerischer Oboedienz 1962-1965 in Rom sich als 'Konzil' gebärdete; er frönt dem antikatholischen Ökumenismus und der Ideologie eines Beitrags der Kirche für eine bessere Welt. In vielem scheint er 'fast ganz' katholisch zu denken; aber eben fast, also gar nicht. —
Ich weiß, meine lieben Brüder und Schwestern, daß ich immer noch nicht mein Versprechen eingelöst habe, über unser Verhalten angesichts der Zentrumspartei zu schreiben, die Druckschrift beizufügen über die Unerlaubtheit der Teilnahme an einer tridentinischen Messe, wenn sie sich nicht abhebt vom Gefüge des durch und durch verseuchten offiziellen Raumes der Kirche, und ferner zu erklären, was es mit der geheimnisvollen Identität auf sich hat, in der der Priester sich mit Christus befindet. Gedulden Sie sich: es wird alles kommen!
Über den nächsten spes-unica-Sonntag werde ich wie immer erst im Laufe des Januar-Februar Mitteilung machen können.
Ihnen allen, jeder und jedem Einzelnen von Ihnen, wünsche ich die Fülle weihnachtlicher Gnaden und ein gottgesegnetes Neues Jahr, das uns der Wende entscheidend näher bringen möge und all Ihre guten Wünsche in Erfüllung gehen sieht!
Grüßen Sie vor allem die Kranken!
Ich segne alle! Sie sind in jedem heiligen Opfer, das ich darbringe, drinnen!
Im Namen des menschgewordenen Gottes und Seiner reinsten Mutter, deren Eigentum wir nunmehr sind, grüße ich Sie – Ihr
Hans Milch, Pfarrer
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