Niederschrift der Predigt von Pfarrer Milch
2. Advent 1983
Meine lieben Brüder und Schwestern,
"Was seid ihr hinausgegangen? Was wolltet ihr sehen?" – Den, der den Weg bereitet, dem Herrn den Weg bereitet. Denn Er kommt! Wir können Ihm nicht entgegengehen, es sei denn in Seiner Kraft und in Seinem Gehen. Er muß schon da sein, wenn wir gehen sollen. Wir müssen schon in der Wahrheit sein, um in der Wahrheit zu suchen. "Die Wahrheit suchen" ist ein aussichtsloses Beginnen. Dann such mal schön. Zwischen der Wahrheit und Dir klafft ein unendlicher Abstand! Du wirst nie hinkommen! Die Wahrheit muß schon da sein, absolut sicher, und dann gilt es in der Wahrheit zu suchen, um immer Neues zu finden und nicht "die Wahrheit" zu suchen, denn sie ist da und uns zu eigen gegeben. Und wir suchen in dem, was unser ist. Und alles, was wir neu finden, bestätigt alles je Erkannte im je erkannten Sinne.
Das ist ganz wesentlich. Es gibt keine Ablösung in den Sinnfindungen. Es gibt keine Zeitgemäßheit! Es gibt selbstverständlich solche, die sich gerne in der Wüste aufhalten, um dort ein schwankendes Rohr zu sehen, das vom Winde hin und her getrieben wird. Sie wollen immer auf dem Wege sein im "Noch-Nicht". Das hat eine außerordentliche Anziehungskraft, dieses Auf-dem-Wege-Sein, denn es ist ein Niemandsland. Und solange man noch keine endgültige Bindung hat, steht das ganze im Zeichen der Unverbindlichkeit. Und Unverbindlichkeit ist bequem. Ich habe dann für alles eine Entschuldigung und kann alles nach meinem Gustus zurechtbiegen und zurechtinterpretieren. Die eine solche Unverbindlichkeit im "Noch-Nicht" wollen und sich darin aalen und in smarten Diskussionen herumklimpern an den schicksalhaften Wahrheiten, müssen wissen, daß sie im Grunde vom Bösen getrieben sind. Wer "guten Willens" ist, will die endgültige Wahrheit. Er sucht nicht, um zu suchen, sondern er sucht, um zu finden! Und er weiß, daß er von sich aus nicht finden kann, sondern daß Gott kommen muß, damit wir Seiner ansichtig werden im Fleische. Und "Seiner ansichtig werden im Fleische" heißt auch, daß wir Ihn in konkreten Formulierungen finden, in ewig gültigen Sätzen mit einem unmittelbar erkennbaren, unveränderlichen, absolut erkennbaren, sicheren Wortsinn, so daß in der Gestalt der Zeit das Zeitlose und in der Gestalt des Raumes das Überräumliche hineinragt in unsere Welt. Das allein erlöst uns.
Die Vorstellung vom Zeitgemäßen ist eine böse Sache, ein Zugeständnis an den schlechten Geist dieser Welt. Denn die Menschen des bösen Willens wollen sich an das Jeweilige ketten, an das, was man gerade denkt. Sie wollen nicht im Abseits stehen. Sie wollen mitmachen. Sie wollen ein "Auch" sein. Und das ist selbstverständlich absolut gegen die Erlösung gerichtet und ist ein Mißtrauen gegenüber dem, was Christus ein für allemal geoffenbart hat. Das, was Er offenbart hat, das hat Er uns als Vorlage gegeben, daß wir immer tiefer eindringen. Selbstverständlich hat Er den Heiligen Geist verheißen, daß Er uns immer tiefer einweiht in das Vorgegebene. Aber diese Einweihung besteht nicht etwa – wie ich schon sagte – in Ablösungen, daß wir immer an einem Punkt Null neu beginnen müßten. Das würde ja gerade den wahren Fortschritt konterkarieren: Immer neu beginnen, immer im Ungewissen landen, immer alles bisher Angenommene "hinterfragen", wie es so schön heißt. Das kann man auch richtig verstehen, im guten Sinne, das mit dem "Hinterfragen". Aber es wird ja meistens typischerweise im Sinne des "In-Frage-Stellens" verstanden. Wenn aber alles immer wieder in Frage gestellt werden müßte, dann wären wir die ärmsten der Menschen. Wir wären nicht erlöst bis zur Stunde. Wir sind nur erlöst, wenn wir wissen: Was wir auch immer finden, wird das bisher Erkannte nicht widerlegen und nicht überholen, sondern bestätigen, bekräftigen, vertiefen und festigen, und zwar genau so und nicht anders, als es immer verstanden worden ist. Das ist der einzig denkbare, einzig mögliche katholische Fortschrittsbegriff. Um etwas zu entfalten, muß es erhalten bleiben. Was nicht erhalten wird, kann auch nicht entfaltet werden. Darum geht es nicht um "konservativ" oder "fortschrittlich". Das ist eine sehr törichte Gegenüberstellung. Das Katholische selbst umfaßt das Konservative und das Fortschrittliche. Es geht nur um eine Lüge, die etwas als Fortschritt hinstellt, was kein Fortschritt ist.
Sehen Sie, darum geht es immer wieder und darum gilt es auch immer wieder das gleiche zu sagen. Denn in solchen Zeiten wie heute muß erst recht die Wiederholung heran. Wende – kürzlich sprach ich bei den Männern darüber – das ist unser Ziel und unsere Leidenschaft! Das ist das, dem wir entgegenfiebern mit einer Hoffnung gegen alle Hoffnung, in den Abgrund schauen und trotzdem hoffen, gegen alle Wahrscheinlichkeit, gegen alle Erfahrung, gegen alle Gesetzmäßigkeiten der Geschichte – dennoch hoffen! Diese "Dennoch"-Hoffnung ist absolut anstrengend. Sie erfordert das Äußerste. Sie macht Dich zu einem einzigen "Dennoch". Aber gerade diese unbedingte Hoffnung ist die Quelle ihrer eigenen Erfüllung. Denn die Hoffnung ist eine göttliche Kraft. Und darum ist es Gott selbst, der in der Hoffnung wirkt und als Hoffnung wirkt. Er selbst ist unsere Hoffnung. Und darum ist derjenige in dem Maße, wie er die Hoffnung hegt, sich selber Garantie für das Werdende, das wir erwarten – für die große Wende.
Nun meinen einige – und das ist ein tiefer Irrtum! – die Wende würde sich stufenweise vollziehen. Wie mir kürzlich einer sagte: "Ja, es tut sich schon etwas." Bei allem – es war ein Mann in hoher kirchlicher Stellung – bei allem, was ich ihm entgegenhielt, gab er mir recht und sagte: "Ja, aber es tut sich schon etwas." – Da kann sich und hat sich nichts zu tun! In diesem Sinne tut sich schon etwas seit zwanzig Jahren, seit dem Hereinbruch der Katastrophe. Die Katastrophe ist von ihrem Anbeginn an schön eingepackt in lauter Rechtgläubigkeiten, in die Maske und in die Watte dessen, was wahr ist. Nur ist diese Maske und diese Watte ganz und gar kein Grund der Hoffnung. Da wimmelt es von "Konservativen" und Progressisten. Ich sage eigens "Progressisten" nicht "Progressive", denn die sind nicht progressiv, sondern sind progressistisch, d.h. sie machen die Zeit zu einem Fortschrittsgötzen. Das hat seine tieferen geistesgeschichtlichen Gründe, stammt letztlich von Hegel, daß mit dem Fortschritt der Zeit auch ein Fortschritt der Menschheit gegeben sei. Das ist so ziemlich das Falscheste und Dümmste, was man sich vorstellen kann, was in den Hinterköpfen aber schwirrt, wenn gesagt wird "so etwas noch im zwanzigsten Jahrhundert", als sei das zwanzigste Jahrhundert allein durch die fortschreitende Zahl 20 gegenüber der Zahl 14 usw. in sich eine Garantie oder auch ein Anspruch des Fortschritts. Das ist selbstverständlich lächerlich und eine absolut falsche und gerade vom Katholischen absolut unannehmbare Voraussetzung!
Und ich wiederhole, was ich kürzlich sagte und immer wieder sage: Schicken Sie heute wieder Leute zu Gladiatorenspielen, sie kämen in derselben Menge. Vielleicht gäbe es irgendwo Proteste. Das macht ja auch Spaß, Protestmärsche mitzumachen. Da braucht man in der Zeit nicht konzentriert zu arbeiten. Das macht immer Spaß. Aber genauso einen Spaß macht es zuzusehen, wenn Leute sich gegenseitig einen Dolch einrammen. Da hat sich die Menschheit in nichts geändert. Und wenn heute wieder ein Hexenwahn aufkäme, dann würden genauso wie damals auch unter der gleichen allgemeinen Manie Hexen massenweise, sogenannte "Hexen", in Scheiterhaufen geworfen. Es gibt keinen menschlichen Fortschritt der kollektiven Menschheit! Das ist eine Wahnvorstellung und eine absolut antichristliche Wahnvorstellung! Es gibt nur einen Fortschritt in der Wahrheitserkenntnis innerhalb der Kirche! Und dieser Fortschritt war in unserer heutigen Zeit noch nie so elend dran und so gestoppt wie kaum einmal in der ganzen Kirchengeschichte! Wir leben in der Zeit des gestoppten Geistesfortschritts.
Da wird man zum Beispiel, wenn Leute sagen, stufenweise müßte sich die Wende vollziehen, sehr erinnert an das sechzehnte Jahrhundert, als der Nominalismus und in Folge des Nominalismus der Protestantismus sich ausbreitete, weil die Menschen nach einer stärkeren, tieferen Frömmigkeit suchten und Luther ihnen eine Vorlage bot. In der Tat war der Zustand der offiziell sich darstellenden Kirche mehr als beklagenswert, verschludert, verludert und versumpft. Aber auf seiten des offiziellen Raumes der Kirche dominierte keine Irrlehre, sondern es dominierte nur ein vollkommener Schwund des Verantwortungsbewußtseins der Hirten! Es war damals eine Zeit der Leichtlebigkeit, der Weltförmigkeit, nicht so sehr aus Prinzip, nicht so sehr aus Weltanschauung, sondern aus Lässigkeit. Es verbreitete sich allgemein ein sittenloses Dasein und eine große Interessenlosigkeit an den Wahrheiten mit ihren Konsequenzen. Das konnte selbstverständlich nur stufenweise überwunden werden. Und in der Tat hat sich ja etwa von der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, etwa von 1550 an, diese stufenweise Wende vollzogen. Man war geradezu geblendet angesichts der Heiligen, die damals aufstanden, vor allem des hl. Ignatius von Loyola. Ich könnte jetzt eine ganze Liste aufzählen, aber das würde zuviel Zeit rauben. Die Kirche wurde wieder geformt, klar ausgerichtet und abgegrenzt gegenüber dem Irrtum, den der Protestantismus und der Nominalismus mit sich brachten.
Dagegen wurde das Katholische abgegrenzt und eingegrenzt. Denn zweifellos gehört es zum Erlösungsglück, daß sich die Kirche in ihrer Wahrheitsverkündigung so darstellt, wie sie wesenhaft ist. Überall, wo diese Identität in Frage steht, breitet sich Not und Elend aus in den Seelen der Menschen. Und darum ist es ein Dienst der Liebe, wenn man diejenigen ausschließt, die im Namen der Kirche etwas verkünden, was dem Wesen der Kirche widerspricht. Wenn sie trotz mehrmaliger Mahnung bei ihrem Irrtum verharren, müssen sie ausgeschlossen werden! Und dieses Ausgeschlossenwerden ist ein Dienst der Liebe an den Seelen. Daß heute freiweg Irrlehren verkündet werden können und daß die Irrlehrer und Irrgläubigen, die hartnäckig daran festhalten, nicht ausgeschlossen werden, liegt nicht an einem größeren Erbarmen, sondern besteht in einer furchtbaren Grausamkeit an den Seelen. Einsam sind die Seelen angesichts des offiziellen Erscheinungsbildes der Kirche. Familien sind zerrissen, Verwandtschaftsbande zerschnitten. Einsam, verhöhnt von süffisanten Fortschrittsgläubigen und verspottet, fristen diejenigen, welche die Wahrheit wollen, ein elendes Dasein und sind froh, wenn sie irgendwo eine katholische Zuflucht der Wahrheit finden. Aber der Unterschied zur damaligen Zeit ist ganz wesentlich: Damals entwickelte sich der Irrtum außerhalb der offiziellen Mauern der Kirche bzw. diejenigen, die den Irrtum predigten, wurden ausgeschlossen. Heute ist der Irrtum mitten im Innenraum der Kirche und dominiert dort! Die Kirche ist besetztes Gebiet! Das Eigentum der Kirche ist mit Beschlag belegt! Das Gebaren der Kirche steht hinter einem negativen, antichristlichen Vorzeichen! Eine Falschideologie regiert! Darum wird und kann sich die Wende nicht stufenweise vollziehen, sondern wird ein einziger Akt und ein einziger Moment sein, logisch notwendig. Es muß die Falschideologie widerlegt werden!
Nun kommt einer und sagt: "Ja, die ist ja schon längst widerlegt, denn sie steht ja gegen soundsoviel längst definierte Dogmen." – Richtig. Aber diese längst definierten Dogmen werden ja lustig uminterpretiert, werden in ein Paket zusammengeschnürt und hinter das falsche Vorzeichen gesetzt. Der Begriff der "Kirche" ist umgemodelt, entspricht nicht mehr dem, was man zweitausend Jahre lang unter "Kirche" verstanden hat. Man versteht heute die Kirche als ein Modell des Menschheitsgebarens und als ein Vorzeichen eines allgemeinen Menschheitsfriedens. Diese Vorstellung ist das Böse und das Antichristliche in sich! Deshalb wird die Wende nicht darin bestehen, daß man im positiven Sinne je gehabte Dogmen wiederholt, sondern daß man im negativen Sinne die falsche Auffassung als solche deklariert, als falsch und antichristlich hinstellt und widerlegt, und zwar in Form einer klaren, absolut verbindlichen Definition! Diese offizielle Definition, von einem Obersten Hirten durchgeführt, wird die Wende sein!
Die Stufen kommen dann nach der Wende. Es wird einen Aufruhr geben. Es wird ein fürchterliches Chaos entstehen. Zahlenmäßig werden diejenigen, die der Kirche zugehören, sehr zusammenschrumpfen. Das wird die Folge sein. Es wird ein Massenabfall eintreten, aber eben im Zeichen des Guten. Denn bei allen Konzilien war es bisher so – einschließlich des Ersten Vatikanischen Konzils 1870 – daß, was die Durchführung der Konzilien anbetrifft, die Elite, die Begeisterten, die Opferbereiten, die Entschiedenen, die Unbedingten die Avantgarde bildeten. Erstmalig in der Kirchengeschichte, nach dem, was man fälschlich "Konzil" nennt, nach jener unseligen Versammlung von 1962-1965 im Vatikan, war es so, daß die Avantgarde derer, die das Konzil seinem Geiste nach durchführen wollten, aus Halbgebildeten, Lauen, Schwätzern, Selbstgefälligen und Geltungsbedürftigen bestand! Und diejenigen, die gegen die sogenannten "Errungenschaften" dieser Versammlung Stellung bezogen, das waren diejenigen, die konsequent, in klarer Radikalität und Unbedingtheit am überlieferten Erbe festhielten, um die Möglichkeit einer wahren Entwicklung sicherzustellen und wachzuhalten. Diese beiden Fronten sind aufgetan, und es gibt zwischen diesen beiden Fronten keine sanften Übergänge! Darum ist es auch vollkommen verfehlt zu meinen, wenn irgendwo irgendein Bischof mal die Freundlichkeit besitzt, irgendetwas Richtiges zu sagen, daß das schon ein verheißungsvolles Zeichen sei. Das ist überhaupt nichts Verheißungsvolles!
Nehmen wir zum Beispiel die Heilige Messe. Es muß ganz klar definiert werden, es sei antichristlich und mit dem Katholischen unvereinbar anzunehmen, die Heilige Messe sei ein Gemeinschaftsgeschehen! Sie war nie ein Gemeinschaftsgeschehen und kann keines sein, genauso wenig, wie das Opfer des Christus auf Golgotha ein Gemeinschaftsgeschehen gewesen ist! Dieses eine und einzige Opfer des Christus ist Seine unabhängige, vorgegebene, entrückte Tat! Wer dazukommt, gewinnt – wer wegbleibt, verliert. Der Tat ist nichts abzunehmen und nichts hinzuzufügen. Sie ist! Das ist die Heilige Messe. – Sie ist auch kein Mahl, sondern sie ist ein Essen und Trinken. Das ist etwas ganz anderes. Diese Irrtümer begannen ja schon zu rumoren im Zusammenhang mit der Gemeinschaftsmesse und mit all den Mahltheorien noch zu katholischen Zeiten. Denn die Wühlmäuse waren ja schon an der Arbeit, die dann 1958 hervortraten und in den sechziger Jahren ihre großen Triumphe feierten und bis heute feiern.
Also das muß klar definiert werden. Die Heilige Messe ist überhaupt kein Gemeinschaftsgeschehen! Und wenn die Heilige Messe kein Gemeinschaftsgeschehen ist, sondern das vorgegebene, unabhängige, entrückte Opfer des Herrn, dann fällt auch jeglicher Grund für das weg, was als sogenannte "Reform" sich dargestellt hat. An solchen Reformen ist nichts zu bessern, zu ändern, zu frisieren, zu polieren – sie sind ganz einfach zu streichen und auszuradieren! Eine andere Möglichkeit zur Rückkehr zum Katholischen gibt es nicht!
Es muß also ganz klar definiert werden: Die katholische Kirche ist kein Beitrag! Sie hat keinen Beitrag zu leisten, sondern den Ausschlag zu geben! Es gibt keinen kollektiven Fortschritt der Menschheit als solcher! Es hat nie einen gegeben, und es wird nie einen "kollektiven Menschheitsfortschritt" geben bis zum Jüngsten Tage! Die Kirche hat keinem "allgemeinen Menschheitsfortschritt" zu dienen, sondern die Kirche besteht im Opfer des Gottmenschen, in Seinem Hingang zum Vater und in der Annahme des Opfers durch den Menschen! Der Mensch ist Maria. Und wenn Maria der einzig erlöste Mensch wäre, dann hätte das Opfer des Christus seinen vollen, unüberbietbaren Erfolg gehabt. Es bedarf keines einzigen weiteren Hinzukommenden. Daher ist also dieses Opfer vollkommen frei und unabhängig und deshalb ganz für dich. Denn es kann nur das für dich sein, was von dir unabhängig ist, und diese Unabhängigkeit muß im Vollzug zum Ausdruck kommen. Und es gehört dem jeweils einzelnen ganz. Es verteilt sich nicht. Das Wort "Miteinander" ist in diesem Rahmen und auf dieser Ebene und innerhalb der Kategorie der Erlösung ein teuflisches Wort! "Miteinander" steht im Zeichen der Teilung, als ob jeder etwas mitbekäme oder abbekäme. Da bekommt keiner etwas ab, sondern jedem gehört alles ganz! Wenn jeder etwas abbekäme, wären wir bis heute nicht erlöst, denn jeder Mensch ist auf das Ganze und Grenzenlose hingeordnet und kann nur durch das Ganze und Grenzenlose erlöst werden. Darum ist das Entscheidende, was zum Beispiel jetzt gleich beim heiligen Opfer geschieht, die Tat des Gottmenschen und deine Anwesenheit – nur deinetwegen! Und aus diesem "Nur Du" kann überhaupt erst Gemeinschaft entstehen.
Ich werde morgen in einem größeren Zusammenhang, im großen Zusammenhang der marianischen Vorlagen der Väter des ausgehenden neunzehnten, beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, vor allem durch Solowjew, durch die großen marianischen Erkenntnisse, vor allem im Zusammenhang mit der Dogmatisierung "der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel", darauf eingehen, was da an wirklichen Entfaltungsvorlagen gegeben ist, während in dem, was sich zwischen 1962 und 1965 abspielte, kein einziger geistiger oder gar pneumatischer Entfaltungsschritt festzustellen ist, sondern nur Banalisierung, Planierung, Einebnung, Verleugnung! Eingepackt in die Watte orthodoxer Selbstverständlichkeiten ist das Gift des Antichristlichen – nachweisbar, bis ins einzelne nachweisbar! Ich erinnere an den Vortrag, den ich gehalten habe über die Texte des Konzils.
Es muß also dies klar formuliert werden. Die katholische Kirche besteht darin, daß durch das Opfer des Herrn Du und Du und der je Einzelne herausgerufen, herausgeweckt, herausgelockt wird aus Masse und Zahl, aus Zeit und Raum in die Kategorie der Senkrechten, erlöst aus der Waagerechten! Das ist die Kirche, nur das! Und wir sind nicht auf dem Wege zur Wahrheit und schon gar nicht mit anderen! Es gibt keinen Dialog mit der Welt, und es gibt keinen Dialog mit anderen Weltanschauungen, sondern es gibt nur Mission! Selbstverständlich kann diese Mission anknüpfen an Wahrheitselemente, die adventlich auf Christus hinweisen in anderen Bereichen, zweifellos. Aber das Adventliche ist eben das "Noch-nicht". Wir stehen nicht im Advent! Der Advent ist nur, wenn wir ihn feiern, eine Rückbesinnung auf das, was wir aus uns selbst sind, damit uns die Erfüllung am Feste der Weihnacht wieder befreiend und erlösend aufgeht. Insofern feiern wir den Advent, indem wir uns erinnern an das, was wir aus uns selbst wären, wäre Er nicht gekommen. Der Advent erinnert uns an unsere Armseligkeit – darum die violette Farbe genau wie in der Fastenzeit – bzw. der Advent ist unsere Vorfreude auf jene Erlösung, die am Ende steht. Hier sind wir im Status der Erlösung des Leidens. Das Leiden ist erlöst. Am Ende wird die Erlösung vom Leiden sein. Auch daraufhin sind wir ausgerichtet, ganz sicher. Adventliche Elemente erkennen wir in anderen Religionen und Weltanschauungen. Es gibt aber z.B. keine humane Basis, mit der man sich mit dem Bolschewismus verständigen könnte. Allein eine solche Vorstellung einer gemeinsamen humanen Basis mit dem Bolschewismus ist teuflisch, in sich das Böse und antichristlich!
Das muß in aller Form widerrufen, und zwar definitiv in Form von Definitionen widerrufen werden! Wir sind nicht "auf dem Wege", wir sind nicht im "Noch-nicht", sondern wir sind im Vollbesitz der Wahrheit! Es ist nur ein einziger Punkt, ein punktuelles Ereignis, eine entscheidende Falschideologie. Aus ihr entstehen alle Mißstände! Darum habe ich auch etwas gegen jene Kompendien, die fleißig die Mißstände aufzählen und daraus keine Konsequenzen ziehen. Was uns kennzeichnet ist nicht ein Sammelsurium von Mißständen, kein "Auch-Sein" und kein "Auch-Empfangen", sondern das einzige, das gilt, und die volle, absolute Wahrheit! Und vor dem Hintergrund der absoluten Wahrheit, der absoluten Sicherheit kann ich mich selbst lieben und in demütigem Stolz wissen, wer ich bin und warum ich bin. Und nur vor dem Hintergrund dieser Selbstliebe kann ich den anderen lieben wie mich selbst. AMEN.
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